Lassen Sie sich in diesem Leitfaden also von mir durch jede dieser Facetten des Whisky-Verkostens führen, um ein tieferes Verständnis für dieses edle Getränk zu gewinnen. Zum Schluss gebe ich Ihnen dann noch ein praktisches Beispiel an einem meiner langjährigen Lieblingswhiskys.
Farbe: Die visuelle Präsentation eines Whiskys kann viel über seine Reife und Charakter verraten. Von hellem Stroh bis zu tiefem Bernstein reicht die Palette der Farbtöne, die durch die Lagerung in den verschiedenen Fässern entsteht. Aber nur bei einem reinen Single Malt, der nicht mit Zuckercoleur gefärbt wurde, ist das auch ein wirkliches Indiz für das Alter. Bei guten Single Malt Whiskys ist es aber immer das reine Naturprodukt - achten Sie auf die Beschreibung am Etikett oder auf der Homepage der Destillerie!
Geruch/Nase (Aroma): Die Nase ist ein wichtiger Bestandteil des Verkostungsprozesses, denn hier entfaltet sich das volle Aromenspektrum des Whiskys. Von fruchtig bis würzig, von holzig bis rauchig - die Vielfalt der Aromen ist nahezu grenzenlos und kann je nach Whiskysorte und -herstellung stark variieren. Riechen Sie also zuerst am Whisky vorsichtig und dann etwas intensiver, um das Aromenspiel genauer zu erfassen, erst unmittelbar danach nehmen Sie einen kleinen Schluck.
Körper/Konsistenz: Der Körper eines Whiskys beschreibt das Mundgefühl, das er beim Trinken hinterlässt. Von leicht und erfrischend bis hin zu schwer und ölig kann die Konsistenz eines Whiskys stark variieren und trägt wesentlich zum Gesamterlebnis bei. Durch das kurze schwenken im Glas, erkennen Sie oft schon den Körper des jeweilgen Destillats. Dazu werden wir in einem späteren Beitrag noch Näheres beschreiben.
Geschmack: Der Geschmack eines Whiskys ist wohl der wichtigste Aspekt beim Verkosten. Von vielen Fruchtaromen zu leicht süßlich, malzig, honigartig, hin zu würzigen Geschmäckern wie kräuterig, pfeffrig bis hin zu rauchig-torfig - die Geschmacksnoten eines Whiskys können vielfältig sein und bieten eine Fülle von Genusserlebnissen. Nehmen Sie war, was Ihnen in den Sinn kommt. Es gibt an sich kein richtig oder falsch, sondern das woran Sie der Geruch erinnert, das ist Ihr persönliches Sensorium. Geübte Sommeliers oder die Produzenten selbst beschreiben den Whisky meist sehr umfassend bis übertrieben, aber lehnen Sie sich an dem an und versuchen Sie ein paar Übereinstimmungen zu finden. Bleiben Sie dennoch bei Ihrem persönlichen Eindruck und Geschmackserlebnis und beobachten Sie, wie sich dieses im Laufe der Zeit vielleicht verändert oder erweitert.
Abgang/Nachhall: Der Abgang eines Whiskys beschreibt den Nachgeschmack, der auf dem Gaumen zurückbleibt. Vermeiden Sie, den Whisky zu viel mit der Zunge in Berührung kommen zu lassen, denn das schränkt das Erlebnis meist ein. Lassen Sie den Whisky langsam über den Gaumen hinuntergleiten. Je mehr Sie schmecken, umso vielschichtiger ist meist auch der Whisky.
Ein länger anhaltender intensiver Abgang ist oft ein Zeichen für einen hochwertigen Whisky und kann weitere Einblicke in seine Qualität und Reife geben.
Farbe: helles Bernstein-Gold
Aroma/Geruch: Duft von Kirschen bzw. Sherry, der von den spanischen Eichenfässern kommt. Dazu etwas Süße wie Toffee bzw. Honig und einer ganz leicht holzigen Note
Geschmacksprofil: Der Geschmack erinnert an Honig, Vanille und getrockneten Früchten wie Rosinen, Kirschen und Bromeeren, dazu etwas winterliche Würze (Zimt, Muskat und Pfeffer) und einem Hauch Holzigkeit vom Eichenfass, ähnlich einem leichten Barriqueton beim Wein
Abgang/Nachhall: der Dörrobstgeschmack gepaart mit etwas Holz, dazu die Würze und nur mehr leichte Süße, erinnernd an eine gute, milde Zartbitterschokolade
Mehr zu diesem Whisky und der traditionsreichen Familiendestillerie finden Sie hier.
Um diese Geschmäcker entsprechend zu erleben, empfehle ich Ihnen entweder die einzelnen Zutaten bestmöglich bereitzustellen und daran zu riechen, bevor sie jeden einzelnen Geruch mit der Nase wahrnehmen und danach sofort am Glas riechen und umgehend einen Schluck dieses Whiskys nehmen. Aber keine Sorge, wenn Sie das alles nicht schmecken - versuchen Sie durchaus ihr eigenes Geruchs- und Geschmacksprofil zu entdecken, indem Sie sich einfach fragen "woran erinnert mich dieser Geruch bzw. Geschmack?" - es gibt keine falsche Antwort, denn über Geschmack lässt sich bekanntlicherweise nicht streiten!
Alternativ empfehle ich Ihnen eine vieleicht ungewöhnliche Kombination, die aber dreifachen Genuss verspricht: Trinken Sie vorab einen guten Chai-Tee (meine Empfehlung: Yogi-Tee Sweet Chai) und genießen dazu eine Zartbitterschokolade wie die Lindt Edelbitter Mousse Sauerkirsch-Chili. Dann nehmen Sie einen Schluck des Whiskys und vergleichen Sie, welche Aromen Sie wieder oder vielleicht neu entdecken!
Indem Sie beim Verkosten jeden der oben genannten Aspekte einzeln betrachten und genau wahrnehmen, können Sie zunehmend ein tieferes Verständnis für die Komplexität und Vielfalt eines Whiskys entwickeln.
Eine gelungene Degustation
Das Glas: Wählen Sie unbedingt ein tulpenförmiges Nosing-Glas (Am besten ein Glencairn-Glas, oder auch ein Grappaglas). Die bauchige Form, die sich nach oben verjüngt, konzentriert die Aromen optimal und ermöglicht eine intensivere Aufnahme durch die Nase.
Wichtiger Hinweis: Wenn Sie also für sich oder als Geschenk für einen Whiskytrinker ein Glas verschenken wollen, dann nehmen Sie die oben angeführten Gläser und verzichten Sie auf die überall in amerikanischen Filmen gezeigten Tumbler! Denn einen guten Whisky trinkt man nicht aus breiten Gläsern und schon gar nicht mit Eiswürfeln, und hier ist auch warum:
Genießen Sie Ihren Whisky bei Zimmertemperatur, idealerweise zwischen 18 und 22 °C. Bei dieser Temperatur kann der Whisky sein volles Aromaprofil entfalten. Zu kalter oder gar mit Eis gekühlter Whisky hemmt den Geruch und Geschmack enorm!
Warum auch kein Eis im Whisky sinnvoll ist, zeigt, wenn man nur einen Tropfen Wasser (meist mit einer Pipette) in den Whisky gibt, wie sich nicht nur die Oberflächenspannung, sondern auch der Geschmack verändern. Also was dann ein ganzer Eiswürfel macht, kann man sich danach umso besser vorstellen, oder will es dann eher nicht mehr. ;-)
Noch ein Tipp für den absoluten Genuss: Wenn der Inhalt der Whiskyflasche zunehmend abnimmt, steigt auch die Gefahr der Oxidation. Das können Sie eindämmen, indem sie den Whisky in kleinere Flaschen umfüllen, welche dann auch eine gute Geschenkidee für andere Whiskybegeisterte sind, denn kleine Kostproben erhält man ohnehin selten!
Zusammenfassung
Also, um einen Whisky voll und ganz zu Genießen, braucht man Geduld und am besten eine gemütliche Atmosphäre und vielleicht auch die Gesellschaft von anderen Whisky-Liebhabern oder solchen die es noch werden wollen.
Von der Optik über das Aroma, natürlich den Geschmack und nicht zuletzt bis hin zum Abgang - jede Facette des Whiskys bietet eine einzigartige Sinnesreise, die es für den maximalen Genuss nach und nach zu entdecken gilt.
Also wünsche ich Ihnen wie es die Schotten tun: Sláinte!